Tödliche Stürme über dem Victoriasee

Der Victoriasee in Ostafrika ist bekannt f¨¹r seine st¨¹rmischen N?chte, in denen jedes Jahr tausende Fischer sterben. Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der See durch den Klimawandel k¨¹nftig ein ?Hotspot? f¨¹r gef?hrliche Gewitterst¨¹rme wird. Doch verbesserte Sturmwarnungen sind auf dem Weg.

Vergr?sserte Ansicht: Storm over Lake Victoria
A severe storm above Lake Victoria. (Photo: Tomaz Kunst / Shutterstock)

Der Victoriasee, zwischen Uganda, Kenia und Tansania gelegen, ist Nahrungsquelle f¨¹r rund 30 Millionen Menschen, die entlang seiner Ufer leben. Mit einer Fl?che von rund 70 000 km2 ist er zudem der zweitgr?sste See der Welt ¨C und dar¨¹ber hinaus der wohl gef?hrlichste. Dies insbesondere f¨¹r die 200 000 Menschen, die in der Nacht auf dem See auf Fischfang gehen. Das Internationale Rote Kreuz sch?tzt, dass jedes Jahr zwischen 3000 und 5000 Fischer in den heftigen St¨¹rmen den Tod finden [1]. Doch trotz des anhaltend schlechten Rufs des Victoriasees wusste man bis vor Kurzem kaum, wie sich der Klimawandel auf dieses riesige Gew?sser auswirken wird.

Landwinde brauen st¨¹rmischen Cocktail

Der Grund, weshalb es auf dem Victoriasee in der Nacht sehr st¨¹rmisch sein kann, liegt in der Luftzirkulation ¨¹ber der enormen Wasserfl?che. Tags¨¹ber entstehen Winde, die sich vom k¨¹hlen Wasser in Richtung warmes Festland bewegen. In der Nacht passiert das Gegenteil: Die Landwinde wehen vom abk¨¹hlenden Festland hin zum w?rmeren See. Da der See rund ist, treffen die Landwinde aus allen Himmelsrichtungen ¨¹ber ihm zusammen. Gesellt sich zum windigen Cocktail zus?tzlich Verdunstung, entstehen Gewitter, Wellen, Regen und St¨¹rme.

In einer neuen Studie [2] gelang es uns ¨C einem Forschungsteam aus Wissenschaftlern der ETH Z¨¹rich und der belgischen Universit?t Leuven ¨C dieses Wetter-Muster wissenschaftlich nachzuweisen. Zusammen mit der amerikanischen Weltraumbeh?rde NASA haben wir mit Hilfe von Satellitendaten die Anzahl heftiger Gewitterst¨¹rme in Ostafrika sowie deren Ort identifiziert ¨C und das alle 15 Minuten f¨¹r den Zeitraum von 2005 bis 2013. Am Tag w¨¹ten die meisten St¨¹rme ¨¹ber dem umliegenden Festland. Dies gilt insbesondere f¨¹r die typischen nachmitt?glichen Gewitter, die durch lokal aufsteigende warme Luft entstehen. In der Nacht konzentrieren sich diese St¨¹rme ¨¹ber dem Victoriasee.

Tag- und Nachtrhythmus des Wetters über dem Victoriasee und der Umgebung.
Die Grafik veranschaulicht den Tag-/Nachtrhythmus des Wetters ¨¹ber dem Victoriasee und der Umgebung (Tagbild links, Nachtbild rechts). Je dunkler das Bild, desto mehr St¨¹rme traten zwischen 2005 und 2013 an der betreffenden Stelle auf. (Grafik: ETH Z¨¹rich/Wim Thiery)

Nachtst¨¹rme werden st?rker

Um die Auswirkungen des Klimawandels auf den Victoriasee vorherzusagen, haben wir dessen Klima mit einem Computermodell simuliert. In einem Szenario, in dem die Treibhausgasemissionen weiterhin zunehmen (Business as usual), werden die extremen Niederschl?ge ¨¹ber dem Victoriasee gegen¨¹ber denjenigen auf dem umliegenden Festland um das Doppelte zunehmen. Als Folge davon entwickelt sich der See noch st?rker zu einem ?Hotspot? f¨¹r n?chtliche St¨¹rme. Auch Superst¨¹rme, wie sie heute nur alle 15 Jahre vorkommen, werden sich am Ende des Jahrhunderts beinahe jedes Jahr ereignen. Der Victoriasee d¨¹rfte deshalb auch k¨¹nftig das gef?hrlichste Gew?sser der Welt bleiben.

Ein Fr¨¹hwarnsystem f¨¹r die Region

Mittlerweile sind sich jedoch zahlreiche Organisationen der Gefahren dieser St¨¹rme bewusst und unterst¨¹tzen die Entwicklung von Fr¨¹hwarnsystemen f¨¹r lokale Fischer. Vielversprechend sind die Bestrebungen der World Meteorological Organisation WMO, die zusammen mit dem britischen Met Office und lokalen Telekommunikationsunternehmen Wetteralarme auf Mobiltelefonen anbietet [3]. Fischer, die diesen Dienst abonniert haben, empfangen Textnachrichten mit einem einfachen Ampel-System, das sie warnt, falls heftige Gewitterst¨¹rme ¨¹ber dem See erwartet werden.

Die Resultate unserer Studie [2] haben das Potential, die Prognose von extremen St¨¹rmen zu verbessern, und k?nnen helfen, solche Warnsysteme weiter zu optimieren. Konkret fanden wir heraus, dass die Bedingungen am Nachmittag auf dem Festland die St?rke der n?chtlichen St¨¹rme ¨¹ber dem See beeinflussen. Das deutet auf eine gr?ssere Vorhersagbarkeit hin als bisher vermutet. Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir bereits einen Prototyp eines neuen Sturmprognosesystems entwickelt. Dieses unterst¨¹tzt laufende Bem¨¹hungen zur Sturmwarnung und k?nnte so mithelfen, die Menschen am Victoriasee besser zu sch¨¹tzen.

Weitere Informationen

[1] Internationale F?deration der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften: externe SeiteWorld Disasters Report 2014

Ein Film zeigt zwei externe SeiteTornados auf dem Victoriasee  

[2] Wim Thiery, Edouard L. Davin, Sonia I. Seneviratne, Kristopher Bedka, Stef Lhermitte, and Nicole P.M. van Lipzig, externe SeiteHazardous thunderstorm intensification over Lake Victoria, Nature Communications, 2016.  

[3] Mehr ¨¹ber die Bem¨¹hungen des britischen externe SeiteMet Office, Leben auf dem Victoriasee zu retten.   

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Wim Thiery
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